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Aufführungsräume der Musik
Zweijahresthema des Staatlichen Instituts für Musikforschung
Überall dort, wo eine Aufführung mit einer bestimmten Intention geschieht, entsteht ein Aufführungsraum. Interaktion zwischen Aufführenden und Zuhörenden ist die Voraussetzung. Intuitiv und erfahrungsgemäß spüren die Konzertbesucherinnen, wie stark die Räumlichkeit der Aufführung die Atmosphäre, das Hörerlebnis und die Emotionen bei einem Musikereignis beeinflussen kann. Deshalb wurden und sind viele Aufführungsräume ganz bewusst gestaltet.
Das Wissen um akustische Sachverhalte war schon im antiken Theaterbau grundlegend und ist bei der Entwicklung moderner Konzertsäle eine Selbstverständlichkeit. Dabei strahlt die Wirkung von so spektakulären Aufführungsräumen der Musik wie der Berliner Philharmonie, der Elbphilharmonie in Hamburg oder The Sphere in Las Vegas weit über das akustische Erlebnis hinaus. Derartig außergewöhnliche Konzertgebäude prägen das Stadtbild in solchem Maße, dass sie zu architektonischen Ikonen und Wahrzeichen einer Stadt werden.
Im Zusammenspiel mit der Entwicklung der Medientechnologie erweitern sich seit der Einführung von Tonträgern, des Rundfunks und auch visuellen Medien die potenziellen Aufführungsräume der Musik. Bereits vor Erfindung des Tonfilmes wurden die bewegten Bilder vertont und zwar unter anderem mittels speziell dafür entwickelter Musikinstrumente wie der Kinoorgel. Ein eindrucksvolles Exemplar – die amerikanische Kinoorgel „Mighty Wurlitzer“ – erklingt bis heute als live-Begleitung der Stummfilmreihe in unserem Musikinstrumenten-Museum.
Live wurde Musik auch in den Aufnahmestudios, im Rundfunk und später auch im Fernsehen gespielt und aufgenommen bzw. direkt übertragen. Die damit einhergehende räumliche Trennung von Musikerinnen und Publikum veränderte das Hörerlebnis der musikalischen Aufführung. Spätestens seit der Corona-Pandemie sind sogar nicht nur das Publikum, sondern auch die miteinander musizierenden Interpretinnen nicht zwangsweise räumlich vereint. Der virtuelle bzw. digitale Aufführungsraum eröffnet neue Fragen zu den technologischen Möglichkeiten der musikalischen live-Übertragung, aber auch zum sozialen Erlebnis der Musikaufführung.
Mit diesem Themenspektrum beschäftigen sich Mitarbeiterinnen aller drei Abteilungen des SIM im Rahmen des zweijährigen Projekts „Aufführungsräume der Musik“. Dabei werden die „Aufführungsräume” nicht nur als physische Räume, sondern eben auch als Begegnungsorte bzw. soziale Räume der Kommunikation und Wissen(schaft)svermittlung verstanden, was vor allem im musealen Kontext eine wichtige Rolle spielt.
Auch Musikinstrumente aus der MIM-Sammlung sind Träger von Geschichte(n) über musikalische Aufführungsräume. Neben der Kinoorgel führt ein anderes Beispiel zu einem außergewöhnlichen Aufführungsort. Es ist eine Geige, die aus transparentem Kunststoff gefertigt wurde und deren Signatur auf den Herstellungsort aufmerksam macht: „Kriegsgefangenschaft, Foggia, Italien, 1946“. Dass in Gefangenenlagern musiziert wurde, ist bekannt, doch dass vor Ort auch solche besonderen Musikinstrumente hergestellt wurden, ist einen genaueren Blick wert und führt zu der Frage, wie Instrumente und Musik diesen Ort und diese Räume geprägt haben bzw. ob und wie sich diese Räume und Orte auf den Instrumentenbau auswirkten.
Im Projekt widmen wir uns auch Aufführungen im Freien. Die Aufmerksamkeit wird sich hier unter anderem auf das Berliner Kulturforum richten – dort, wo seit 40 Jahren das Staatliche Institut für Musikforschung verortet ist. Das Jubiläum wird mit einem Symposium zum Thema „Das Berliner Kulturforum als Klangraum“ gefeiert. Für die abteilungsübergreifende Arbeit an dem Thema „Aufführungsräume der Musik“ ist dieses Jubiläum Anlass, die unterschiedlichen methodologischen Herangehensweisen der heutigen Musikforschung anhand konkreter Beispiele zu veranschaulichen. Das Projekt wird durch eine Buchpublikation abgeschlossen, die 2026 in der Schriftenreihe „Klang und Begriff“ erscheinen wird.
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Zeitraum
Oktober 2023 – März 2026