Aufführungen der Wiener Schule

Das Teilprojekt hat zum Ziel, am Quellenkorpus der schriftlichen Dokumente zur Aufführungslehre der Wiener Schule exemplarisch zu demonstrieren, wie Zeugnisse zur Aufführungspraxis und musikalischen Interpretation in digitaler Form gesammelt und mit aktuellen Techniken der Wissensorganisation online recherchierbar, annotierbar und verknüpfbar vorgehalten werden können. Das Publikationsprojekt des SIMPK „Geschichte der musikalischen Interpretation“ wird so gleichzeitig mit Quellenmaterial unterstützt.

Auf der Grundlage der Briefwechsel aus dem Personenkreis der Wiener Schule wurden Aussagen zu den Bereichen 1) Aufführungslehre, Fragen der musikalischen Interpretation, 2) Konzertereignisse, Proben und 3) Tonaufnahmen exzerpiert. Folgende Briefwechsel wurden bislang überwiegend vollständig ausgewertet:

Unpublizierte Briefwechsel

  • Anton Webern – Alban Berg (Quelle: Rudolf Stephan, Simone Hohmaier (Hrsg.): Briefwechsel Anton Webern – Alban Berg (Briefwechsel der Wiener Schule 4). In Vorbereitung.)
  • Erwin Stein – Arnold Schönberg (Quelle: The Library of Congress, Washington D. C., Music Division.)
  • Erwin Stein an Gertrud Schönberg (Quelle: Arnold Schönberg Center, Satellite Collection S 4.)
  • Eduard Steuermann – Alban Berg (Quelle: Dorothee Schubel (Hrsg.): Edward Steuermann. Briefwechsel mit Schönberg, Webern, Berg und Kolisch (Briefwechsel der Wiener Schule 5). In Vorbereitung.)
  • Eduard Steuermann – Rudolf Kolisch (Quelle: Dorothee Schubel (Hrsg.): Edward Steuermann. Briefwechsel mit Schönberg, Webern, Berg und Kolisch (Briefwechsel der Wiener Schule 5). In Vorbereitung.)
  • Eduard Steuermann – Arnold Schönberg (Quelle: Dorothee Schubel (Hrsg.): Edward Steuermann. Briefwechsel mit Schönberg, Webern, Berg und Kolisch (Briefwechsel der Wiener Schule 5). In Vorbereitung.)
  • Alban Berg – Julius Schloß (Quelle: Bayerische Staatsbibliothek, Abteilung für Handschriften und alte Drucke/ Österreichische Nationalbibliothek, Musiksammlung.)
  • Alban Berg – Gottfried Kassowitz (Quelle: Österreichische Nationalbibliothek, Musiksammlung/ Wienbibliothek, Handschriftensammlung.)
  • Diverse Einzelbriefe, z. B. von Josef Rufer, Karl Rankl oder Heinrich Jalowetz an Arnold Schönberg (Quelle: The Library of Congress, Washington D. C., Music Division.)

Publizierte Briefwechsel

  • Horst Weber (Hrsg.): Alexander Zemlinsky. Briefwechsel mit Schönberg, Webern, Berg und Schreker (Briefwechsel der Wiener Schule 1), Darmstadt 1995.
  • Juliane Brand, Christopher Hailey, Andreas Meyer (Hrsg.): Briefwechsel Arnold Schönberg – Alban Berg (Briefwechsel der Wiener Schule 3, 2 Bde.), Mainz u. a. 2007.

Darüber hinaus wurden Konzertankündigungen und Kritiken aus den im Portal ANNO – AustriaN Newspapers Online zur Verfügung stehenden Wiener Zeitungen (Neue Freie Presse, Arbeiterzeitung, Neues Wiener Journal, Wiener Tagblatt, Fremdenblatt) sowie den Zeitschriften Pult und Taktstock,Anbruch und Der Sturm herangezogen.

Alle aus den Briefwechseln exzerpierten Aussagen, die sich auf bestimmte Ereignisse, d. h. jeweils auf eine konkrete Aufführung oder Probe beziehen, werden als „Kommentar“ in der Datenbank Archiv des Konzertlebens | Programmeerfasst und mit dem Normschlagwort Wiener Schule <Musik> versehen. Aufgenommen werden nicht nur nachträgliche Kommentierungen im Sinne einer Konzertkritik, sondern auch vorausweisende Kommentierungen, die über die Planung oder den Probenverlauf Auskunft geben. Letztere werden daher in der Regel dem Aufführungstermin zugeordnet, lediglich öffentliche Generalproben und nachweisbare Proben, die keine öffentliche Aufführung nach sich zogen, werden als Einzelereignis dokumentiert. Als berühmter Sonderfall müssen die zehn öffentlichen Proben angesehen werden, in denen Schönberg im Mai/ Juni 1918 seine Kammersymphonie op. 9 einem interessierten Wiener Publikum darbot.

Die in der Datenbank überwiegend ausschnittweise wiedergegebenen Dokumente werden, sofern es sich um bereits publizierte Briefwechsel handelt, nach der jeweiligen Ausgabe zitiert. Textkritische Annotationen werden nicht mitgeteilt. Bei bislang nicht publizierten Briefen wird in der Regel nach der Quelle zitiert und die Rechtschreibung beibehalten. Eindeutige Versehen werden stillschweigend korrigiert, Interpunktionszeichen werden ergänzt, wenn deren Fehlen zu Missverständnissen führen könnte. Die Datenbank kann aus technischen Gründen keine philologisch strenge Edition der Briefzitate bieten, da eine Textauszeichnung (Unterstreichungen etc.) nicht möglich ist.

Die Katalogisierung der Auswertungsergebnisse in die Datenbank ist in Bearbeitung. Bislang wurden Ereignisse bis ins Jahr 1931 erfasst (Stand April 2015). Die Auswertung weiterer Briefwechsel ist vorgesehen.

Link zur Datenbank

„Wie Steuermann – um nur ein Beispiel anzuführen – die Phrase mit den Sechzehntel-Triolen ausführte –, in einer höchsten Freiheit der Phrasierung, die uneingeschränkt blieb von der Herrschaft des Rhythmus und doch im höchsten Sinne rhythmischer Teil des ganzen blieb. Es war eine wahre Wundertat.“ Gottfried Kassowitz an Alban Berg, Brief, Wien, 10.3.1920

„Wie ist das Tempo von ,Wenn Vöglein klagen‛? Webern schien das Tempo, in dem ich das Lied einstudiert hatte, zu langsam. Bachrich hat es allerdings viel zu steif gespielt. Ich denke mir das Tempo ♩. cca 40. Stimmt das?“ Erwin Stein an Arnold Schönberg, Brief, Wien, Januar 1921

„Die ganz Gescheiten haben über die Aufführung sehr geschimpft.“ Erwin Stein an Arnold Schönberg, Brief, Wien, 9.4.1914

„Webern dirigierte in einem Arbeiter Konzert die Chorphantasie mit Steuermann am Klavier; fünf Tage später hörte ich sie mit demselben Orchester und Franz Schmidt als Pianisten unter Weingartner. Dieser Qualitätsunterschied war so ungeheuerlich, daß er selbst den Orchestermusikern, mit denen ich gesprochen hab aufgefallen ist. Das eine Mal Musik, das andere Mal ein Brei.“Erwin Stein an Arnold Schönberg, Brief, Wien, 10.04.1927

„Nach dem Adagio Ihres Konzertes wurde eine Pause von etwa 2 Minuten gemacht, der Eventualschluß wirkt sehr gut, nur – Kolisch nahm die absteigenden (ich glaube) Viertel teilweise „flag.“, „natürlich“ wäre es besser + einheitlicher, wenn auch „flag.“ leichter ist; ich sprach mit Khuner darüber, der derselben Ansicht war.“ Julius Schloß an Alban Berg, Brief, Köln, 3.8.1927