Musikalische Interpretation im 19. und 20. Jahrhundert

Veranstaltungsdatum: 20.06.2024
Ort der Veranstaltung: Curt-Sachs-Saal, 19 Uhr

Camilla Köhnken: Die Kunst des asynchronen Klavieranschlags

Gestaltungselement im Treppenhaus des SIM

Der asynchrone Anschlag von Melodie und Begleitung auf dem Klavier wurde noch vor wenigen Jahren in der pianistischen Hochschulausbildung streng geahndet, da er für das Kernrepertoire des 19. Jahrhundert als weitgehend ungeeignet galt und eher mit Kaffeehausmusik assoziiert wurde. Ähnliches gilt für das nicht notierte Arpeggieren von Akkorden.

Und doch sind es gerade diese beiden „geschmacklosen“ Praktiken, welche die Interpretationen der angesehensten Musiker am Anfang des 20. Jahrhunderts prägen und in zahlreichen historischen Klaviereinspielungen überliefert sind. Diese Präsentation führt anhand des reichen Quellenmaterials die kunstvollen Schattierungen des asynchronen Spiels vor und bettet die Interpretationspraxis – wie auch ihre bis heute anzutreffende Verfemtheit – in einen breiteren historischen Kontext ein.

Klavierrollen und frühe akustische Aufnahmen der Schotten Eugen d’Albert und Frederic Lamond, beides anerkannte Beethovenspezialisten um die Jahrhundertwende, sowie des Ungarn und Lisztschülers Josef Weiss, der sich besonders als Brahms-Interpret profilierte, werden zeigen, dass der Einsatz von ungleichzeitigem Anschlag in all seinen Variationen eine eigene Kunstform darstellte, deren Studium sich auch heute noch lohnt.

Camilla Köhnken studierte Klavier bei Pierre-Laurent Aimard (Köln), Jerome Rose (New York) und Claudio Martínez Mehner (Basel). Sie gab Solokonzerte in Sälen wie der Carnegie Hall in New York oder dem Teatro La Fenice in Venedig.

2018 schloss sie eine Dissertation an der HKB/Universität Bern über Interpretationspraktiken des Franz-Liszt-Kreises anhand historischer Einspielungen ab, wonach sie 2019–22 als Postdoktorandin am Orpheus Institut für Künstlerische Forschung, Gent (Belgien), in der Forschungsgruppe von Tom Beghin arbeitete.

Seit 2023 lebt und arbeitet sie in Wien.

Dauer der Veranstaltung: 90 Minuten. Eintritt frei.

Weiterführende Links

zur Übersicht