Musikalische Interpretation im 19. und 20. Jahrhundert: Von der Klavierrolle zur Audiobearbeitung durch künstliche Intelligenz. Sekundäre Interpretation im Aufnahmeprozess

Veranstaltungsdatum: 11.05.2023
Ort der Veranstaltung: Curt-Sachs-Saal

mit Hans-Joachim Maempel, Karin Martensen und Stefan Weinzierl. Beginn: 19 Uhr

Gestaltungselement im Treppenhaus des SIM

Wessen Interpretation hören wir eigentlich, wenn wir eine Aufnahme anhören? Eigentlich wissen wir ja ganz genau, dass am Aufnahme- und Nachbearbeitungsprozess neben den Künstlern auch Aufnahmeleitung, Klangbildgestaltung und Montage beteiligt sind – und dennoch beantworten wir die Frage nach einem schnellen Blick auf die Plattenhülle oft genug mit dem Namen des Pianisten, der Dirigentin oder des Orchesters. Die Gründe für diese Antwort wider besseres Wissen liegen nicht zuletzt in den nicht öffentlich zugänglichen und somit für Außenstehende undurchschaubaren, mitunter gar geheimnisvollen Abläufen und Zuständigkeiten während der Entstehung einer Aufnahme. Das Podiumsgespräch schlägt mit eindrücklichen Beispielen einen Bogen von den Einflüssen jenseits der musikalischen Interpretation im herkömmlichen Sinne, mit denen wir bereits bei frühen Klavierrollen zu rechnen haben, über jene Aspekte sekundärer Interpretation, die heute durch Algorithmen der digitalen Klangbearbeitung eine Rolle spielen, bis zu den ästhetischen, historischen und nicht zuletzt juristischen Facetten der Eingangsfrage, wie sie durch den Einbezug von KI-Technologie in den Blick rücken.

Karin Martensen studierte Musikwissenschaft an der Universität Hamburg. Im Frühjahr 2012 wurde sie mit einer Arbeit über Anna Bahr-Mildenburgs Regiebücher zu Wagners Ring des Nibelungen an der Hochschule für Musik und Theater Hannover promoviert. Zwischen 2016 und 2019 war sie Projektleiterin im DFG-Projekt »Technologien des Singens« in Detmold (Eigene Stelle). 2019 bis 2022: Projektleiterin im DFG-Projekt »Das Tonstudio als diskursiver Raum« an der TU Berlin/Audiokommunikation (Eigene Stelle). Seit Dezember 2022: Projektleiterin im DFG-Projekt »Kulturdatenanalyse« an der TU Berlin/Audiokommunikation (Eigene Stelle). Karin Martensen hat zahlreiche Artikel über Anna Bahr-Mildenburg, zur Tonaufnahme und zur Konstruktion von Körper und Stimme publiziert. Ferner hielt sie Vorträge zu diesen Themen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Großbritannien und den USA. Im März 2023 war sie visiting scholar am Centre for interdisciplinary research in music, media and technology (CIRMMT) an der McGill Universität in Montreal/Kanada für das Projekt »Kulturdatenanalyse«.

Nach einem Diplom in Physik und als Tonmeister promovierte Stefan Weinzierl bei Prof. Helga de la Motte-Haber mit einer akustischen Rekonstruktion der Aufführungsbedingungen und der originalen Aufführungsräume Ludwig van Beethovens in Wien. Gleichzeitig arbeitete er als Pianist und Liedbegleiter u. a. mit dem Chansonnier Tim Fischer, als Musikkritiker für den Berliner Tagesspiegel, und als freischaffender Produzent und Tonmeister für zahlreiche Labels und Rundfunkanstalten u. a. für die Deutsche Grammophon (DGG), Teldec Classics, den Bayerischen Rundfunk, den Südwestfunk und Radio Svizzera Italiana (rsi) in Lugano. Zwischen 1998 und 2003 unterrichtete er als Dozent für Musikübertragung und digitale Audiotechnik am Tonmeisterstudiengang der UdK Berlin. Seit 2004 ist er Leiter des Fachgebiets Audiokommunikation und koordiniert den Masterstudiengang »Audiokommunikation und –technologie« an der TU Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Audiotechnik, der virtuellen akustischen Realität, Raumakustik und der musikalischen Akustik. Freiberuflich arbeitet er als Gutachter und Berater auf dem Gebiet der Raumakustik.

Hans-Joachim Maempel ist Diplom-Tonmeister und promovierte in Musikwissenschaft bei Helga de la Motte-Haber mit einer experimentellen Arbeit über Klanggestaltung und Popmusik. Er war in der Musikproduktion, in Rundfunk und Fernsehen sowie als Komponist tätig. Nach Lehraufträgen an den Fachgebieten Musikwissenschaft und Kommunikationswissenschaft der TU Berlin und in den Studiengängen Sound Studies und Tonmeister der UdK Berlin war er wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Lehraufgaben am Fachgebiet Audiokommunikation der TU. 2012 wechselte er ans Staatliche Institut für Musikforschung, wo er die Abteilung III für Akustik und Musiktechnologie | Studiotechnik und IT leitet. Zu seinen Forschungsinteressen gehören die Interpretation und Klanggestaltung, die audiovisuelle Wahrnehmung sowie ästhetische und emotionale Wirkungen von Musik.

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Eintritt frei.

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