40 Jahre SIM am Kulturforum

Das Staatliche Institut für Musikforschung mit seinem Musikinstrumenten-Museum feierte am 14. und 15. Dezember 2024 das 40-jährige Jubiläum seines Einzugs in den Neubau am Kulturforum in direkter Nachbarschaft zur Philharmonie mit einem prominent besetzten Symposium.

Bericht zum Symposium "Das Berliner Kulturforum als Klangraum"

von Flavia Hennig

Am 14. und 15. Dezember 2024 feierte das Staatliche Institut für Musikforschung mit seinem Musikinstrumenten-Museum das 40-jährige Jubiläum seines Einzugs in den Neubau am Kulturforum. Dieser wurde am Rande West-Berlins und in direkter Nachbarschaft zur Philharmonie nach Plänen der Architekten Hans Scharoun und Edgar Wisniewski errichtet.

Im Rahmen der Feierlichkeiten veranstaltete das SIM am 14. Dezember 2024, auf den Tag genau 40 Jahre nach der Eröffnungsfeier des Neubaus am 14. Dezember 1984, ein Symposium zum Zusammenspiel von Architektur und Musik, von Raum und Klang. Nach einer Videogrußbotschaft des Präsidenten Hermann Parzinger eröffnete das Symposium mit einer Sektion zum italienischen Komponisten Luigi Nono und zur Klangkunst am Kulturforum. Dabei fokussierten Angela Ida De Benedictis (Paul Sacher Stiftung Basel) und Veniero Rizzardi (Università Ca’ Foscari Venezia) mit ihrem Beitrag „‚Ars Combinatoria‘ and Sound Trajectories Between Architectural and Biographical Spaces“ die Erkundung der Konzepte „Raum“ und „ars combinatoria“ als bestimmende Elemente im gesamten kreativen Schaffen von Luigi Nono und legten dabei besonderes Augenmerk auf Werke aus den 1980er Jahren, die teilweise für die Berliner Philharmonie entstanden. In der Diskussion wurden vornehmlich Luigi Nonos architekturbezogene Kompositionen sowie Autorschaft und Funktion seines Beitrags zum Kulturforum, der konzeptueller Ausgangspunkt des Symposiums war, thematisiert. Julia H. Schröder (Freie Universität Berlin) stellte unter dem Titel „Klangkunst am Kulturforum: Arbeiten von Kubisch, Kuhn, Klein u. a.“ Klangkunstarbeiten vor, die speziell für das Kulturforum entstanden, und Jo Wilhelm Siebert (SIM) nahm in seinem Vortrag „Glockenschall und Glockenschwall – Klänge der Öffentlichkeit in komponierter Musik“ die Glocken der Nachbarkirche St. Matthäus zum Ausgangspunkt für eine Betrachtung der kulturellen Funktionen und Assoziationen von Glockenklang und seiner kompositorischen Verwendung in der Musikgeschichte bis zur Gegenwart. In den Reaktionen auf beide Vorträge wurde das Potenzial des Kulturforums für Klangkunst diskutiert.

Im zweiten Teil des Symposiums stand die Architektur des SIM im Kontext des Kulturforums im Zentrum. Flavia Hennig (SIM) widmete sich dem Konzept einer „‚Musik im Mittelpunkt‘ – Hans Scharouns Vision vom Kulturforum“ und seiner Umsetzung durch Edgar Wisniewski. Heinz von Loesch (SIM) gab mit „Anblicke und Ausblicke – Architektur des SIM im historischen Wandel“ ausgehend von einem Text Edgar Wisniewskis Einblicke in architektonische Charakteristika und Besonderheiten des Gebäudes. Beide Vorträge wurden auch im Hinblick auf architekturhistorische Fragestellungen interdisziplinär diskutiert und durch Berichte von Zeitzeugen ergänzt.

Im dritten und abschließenden Teil des Symposiums stellte Stefan Weinzierl (Technische Universität Berlin) vor dem Hintergrund verschiedener Möglichkeiten des forschenden Zugangs zum akustischen Charakter öffentlicher Räume in seinem Beitrag „Das Kulturforum als Klangort. Wissenschaftliche Zugänge zwischen Auralisation und Soundscape-Forschung“ eine Auralisation des Kulturforums vor. Dieser stellte er eine durch Berechnungen erarbeitete Simulation der akustischen Veränderungen, die sich durch den Neubau von berlin modern ergeben könnten, gegenüber. Damit lieferte er auch einen interessanten Impuls für die abschließende Podiumsdiskussion und die Frage, welche Rolle das Kulturforum künftig für Musik und Musikforschung spielen könne. Hannah Wiemers (Humboldt-Universität zu Berlin) Vortrag „Leselandschaft und Stadtklang: Die Westberliner Staatsbibliothek im Kontext von Stadtplanung, Architektur und Akustik“ stellte anhand des Projekts „Sounds of Stabi“ Überlegungen vor zum Zusammenhang von Funktionalität und Akustik eines Raumes wie der Staatsbibliothek zu Berlin sowie zu Hans Scharouns Konzept einer Lese- und Stadtlandschaft, die die Bibliothek prägen und in die sie eingebunden ist.

(v.l.n.r.) Hannes Langbein, Sibylle Hoiman, Simone Hohmaier, Rebecca Wolf, Barbara Göbel, Lars-Christian Koch. Foto: SIMPK/Simon

Die abschließende Podiumsdiskussion zu Potenzialen einer stärkeren Vernetzung von Kunst, Musik und Musikwissenschaft am Kulturforum und in Berlin wurde von Simone Hohmaier (SIM) durch einen Rückblick auf kooperative musikbezogene Aktivitäten am Kulturforum seit 1984 sowie durch die Vorstellung künftiger Kooperationsmöglichkeiten auch im Hinblick auf die Verbindung der Institutionen am Kulturforum als Forschungslabor für die Interpretations- und Rezeptionsforschung eingeleitet. Auf dem Podium vertreten waren Barbara Göbel vom Ibero-Amerikanischen Institut, Sibylle Hoiman vom Kunstgewerbemuseum, Hannes Langbein von der Stiftung St. Matthäus, Rebecca Wolf vom SIM sowie Lars-Christian Koch von den Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin im Humboldt Forum. Gemeinsam diskutierten die Podiumsteilnehmerinnen über eine verstärkte künftige Zusammenarbeit im Hinblick auf Forschungsvorhaben und kulturelle Vermittlung. Dabei wurde klar, dass Kooperationen nicht nur durch die gegenseitige thematische Befruchtung von bildender Kunst/Kunstwissenschaft und Musik/Musikwissenschaft und die Inklusion globaler/nicht-westlicher Kunst- und Musikbegriffe erstrebenswert sind, sondern dass auch gerade in Anbetracht schwieriger finanzieller und politischer Rahmenbedingungen kooperative Ansätze gewinnbringend sind. Das Symposium wurde mithilfe der Fritz Thyssen Stiftung finanziert.

Am 15. Dezember wurden die Jubiläums-Feierlichkeiten mit einem Konzert in der Reihe Alte Musik live beschlossen: „Tiefes Blech. Vom Serpent zu Tuba und Twoba“. Roland Szentpáli, Solotubist des Ungarischen Nationalen Philharmonieorchesters, erläuterte und demonstrierte in diesem Gesprächskonzert die Entwicklung der tiefen Blechblasinstrumente. Dabei wurden einige der 2023 neu erworbenen Instrumente der Sammlung gespielt. Schließlich ließ das SIM mit diesem Konzert auch das Jahr der Tuba 2024 ausklingen.

Roland Szentpáli. Foto: Balázs Szecsődi und Zsófia Raffay

Flavia Hennig ist wissenschaftliche Institutsassistentin am Staatlichen Institut für Musikforschung (SIM).

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