Hintergrund und Vordergrund – Nahes und Fernes

Veranstaltungsdatum: 15.05.2025
Ort der Veranstaltung: Curt-Sachs-Saal, 18 Uhr

Im Rahmen der Vortragsreihe "Musikalische Interpretation und Aufführungsräume der Musik" spricht Martin Kapeller zu einer wichtigen Interpretationskategorie bei Werken der Wiener Schule.

Wenn Liebhaber, Kenner und Fachleute über die Interpretation von Musik schreiben, so stehen einige Betrachtungsweisen im Vordergrund: Tempo, Lautstärke und Lautstärkenverhältnisse, technische Fertigkeiten der Musiker, Wahl der Instrumente, Phrasierung und Artikulation, Tempomodifikationen und Klang. Daneben gibt es Aspekte des Musizierens, die nahezu völlig unbewusst, wie in einem kollektiven „blinden Fleck“ als „natürliche“ Faktoren kaum jemals befragt werden, wie etwa die Gleichzeitigkeit bzw. Ungleichzeitigkeit musikalischer Ereignisse oder die Balance der einzelnen Stimmen, das Hervortreten einer oder mehrerer Hauptstimmen vor einem Hintergrund. – So gilt es als völlig natürlich, Fugenthemen bei Bachinterpretationen am Klavier stark hervorzuheben, obwohl dies auf den Clavierinstrumenten, die Bach zur Verfügung standen, gar nicht möglich war. Es ist Usus, bei Beethoven lyrische Themen gegenüber einem Hintergrund deutlich hervortreten zu lassen, auch wenn die Beschäftigung mit historischen Tondokumenten zeigt, dass das nicht immer so war. Stellen in Werken Chopins, die mit sotto voce bezeichnet sind, werden meist nicht anders interpretiert als jene, bei denen Chopin espressivo vorschreibt. – Die relativ klare Beziehung zwischen Vordergrund und Hintergrund wird in Kompositionen nach der Wende zum 20. Jahrhundert oft aufgegeben, die Relation zwischen Haupt- und Nebenstimmen wird komplexer, mitunter absichtlich uneindeutig. In meinem Beitrag will ich Interpretationen von Musik der Wiener Schule, insbesondere von Musik Anton Weberns unter diesem Aspekt betrachten.

Martin Kapeller, geboren 1959 in Graz, aufgewachsen in Deutschlandsberg. Studium Schulmusik an der Musikhochschule Graz, ab 1983 in Berlin, Studium Musikwissenschaften, Germanistik, Philosophie. Ausbildung zum Feldenkraislehrer bei Mia Segal, Einführung in die Arbeit Heinrich Jacobys und Elsa Gindlers durch Sophie Ludwig. Ab 1994 Ausbildung in Persönlichkeitsentwicklung und Coaching (Landmark). 1998 erste Kompositionsversuche. Privatunterricht bei Gösta Neuwirth. Ab 2001 Komposition und Musiktheorie bei Beat Furrer, Michael Jarrell und Chaya Czernowin sowie bei Dieter Torkewitz an der mdw. Seit 2018 Lehrer für Gehörschulung, Tonsatz und Partiturspiel an der KUG Graz bis zur Pensionierung 2024.

Dauer: 90 Minuten. Eintritt frei.

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