Kleiner virtueller Rundgang

Kleinformen

Neben der fest installierten Kirchenorgel, die beträchtliche Ausmaße annehmen konnte, existierten mit Portativ, Positiv und Regal auch kleinere, teilweise mobile Formen. Diese kamen sowohl im sakralen als auch im säkularen Bereich als Solo- und Begleitinstrument zum Einsatz. Wie die große Orgel verfügten sie über ein Balgsystem für die Wind- und Pfeifen für die Tonerzeugung sowie Tasten zum Auslösen des Tones. Im Gegensatz zu Portativ und Positiv wurden beim Regal ausschließlich Zungenpfeifen verwendet, die in der Regel waagerecht in einem flachen Gehäuse verstaut wurden. Eine Sonderform der Kleinorgel ist die im 18. Jahrhundert entwickelte Orgelleier (vielle organisée) – eine mit Orgelpfeifen ausgestattete Drehleier. Sie war vor allem in Neapel sowie an den Höfen in Frankreich und Österreich sehr beliebt.

Harmonien

Das Harmonium zählt zu den jüngeren Orgelinstrumenten. Es entstand aus einer Vielzahl von Versuchen, sogenannte freischwingende Zungen als Tonerzeuger zu verwenden. Als entscheidend für die Entwicklung im deutschsprachigen Raum sind zwei Instrumente mit einem Manual anzusehen: Bernhard Eschenbach und Johann Caspar Schlimbach konstruierten um 1810 ein Instrument, das sie Aeoline nannten. Friedrich Sturm fasste Ende der 1820er Jahre die Bauteile in einem pianoartigen Gehäuse zusammen und bestimmte damit die äußere Form. Zur gleichen Zeit gab es in Frankreich ähnliche Erfindungen. 1840/1842 ließ sich Alexandre-François Debain ein Instrument patentieren, das einen vorläufigen Abschluss dieser Entwicklung bedeutete.

Elektr(on)ische Orgeln

Seit mit Elektrizität und Elektrotechnik zur Konstruktion von Musikinstrumenten experimentiert wird, steht die Orgel als Vorbild Pate: vor allem waren dies Aspekte des Monumentalen, der Klangvielfalt und Klangfarben, die sich vergleichsweise einfach imitieren ließen. Aber auch die Kontrollmöglichkeiten über eine zentrale Spielkonsole ließ die Orgel für so manche frühe Konstruktion elektronischer Instrumente zum Vorbild werden. Bis heute sind elektromechanische und elektronische Orgeln in der Musikwelt in vielerlei Sparten wie Jazz oder Pop-, Rock- und Unterhaltungsmusik fest verankert.

Drehorgeln

Die Drehorgel gehört zur Gattung der mechanischen Musikinstrumente. Schriften wie beispielsweise aus der Feder des Heron von Alexandria belegen ihre Existenz bereits für die Antike. Zunächst mit Wasserkraft betrieben, fanden mechanische Orgeln vor allem in Schlossgärten und Parkanlagen Aufstellung. Um 1700 baute Giovanni Barberi im italienischen Modena kleinere, mobile Instrumente, die statt mit Wasser mit einer Handkurbel bedient wurden. Die Handkurbel brachte eine mit Stiften und Brücken aus Eisen oder Messing bestückte Holzwalze zum Drehen und betätigte gleichermaßen die Bälge. Drehorgelspieler waren in ganz Europa unterwegs. Als Wandermusikanten und Bettler zogen sie von Ort zu Ort, um die Menschen zu unterhalten.

Großformen

Heute stellen wir uns unter einer Orgel meist eine große Kirchenorgel vor. Als imposantes Gebilde mit zahlreichen großen und kleinen Pfeifen sowie einem kostbar gestalteten Gehäuse ist sie nicht nur Musikinstrument, sondern auch Kunstwerk und Repräsentationsobjekt. Wohl ab dem 9. Jahrhundert finden sich Orgeln in Kirchen. Ab dem 12. Jahrhundert entwickeln sie sich zum Hauptinstrument der Liturgie. Der technische Aufbau einer großen Orgel hat sich seit dem 15. Jahrhundert im Wesentlichen kaum verändert. Sie besteht aus einer Balganlage zur Windversorgung, einer oder mehreren Windladen mit den darauf stehenden Pfeifen sowie einem Spieltisch. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts funktionieren Orgeln rein mechanisch. Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts vollzog sich ein technischer Wandel. Pneumatische, elektropneumatische und elektrische Spiel- und Registersteuerungen eröffnen neue Möglichkeiten wie vorprogrammierte Klangverbindungen, dynamisches Spiel oder eine flexiblere Positionierung des Spieltischs.

Elektronische Orgeln im sakralen Raum

Neben der ›Hammond Organ Company‹ war auch die ›Rudolph Wurlitzer Company‹ besonders erfolgreich bei der Entwicklung elektromechanischer oder elektronischer Orgeln für den sakralen Raum. Die Frage, ob elektromechanische oder elektronische Orgeln dort überhaupt eingesetzt werden dürfen, wurde bereits parallel zu frühen Entwicklungen elektronischer Musikinstrumente diskutiert: Einerseits liegt der Vorteil derartiger Instrumente bei einem deutlich reduzierten Wartungsaufwand gegenüber akustischen Pfeifenorgeln. Auf der anderen Seite stellte das Eindringen elektrotechnischer Klangerzeuger einen Affront im sakralen Raum dar. Die Diskussion entzündete sich erst vor Kurzem erneut: 2018 wurde im Petersdom im Vatikan eine digitale Orgel der Firma Allen installiert.