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Hörst du noch oder fühlst du schon?
Das Forschungsprojekt sense:ability präsentiert interaktive Formen der Musikvermittlung beim Internationale Museumstag 2025 im MIM
Von Melina Paetzold
Wie lässt sich Musik sehen, spüren – vielleicht sogar malen? Welche Rolle spielen unsere Sinne, wenn wir Musik erleben und verstehen?
Diesen Fragen geht das Forschungsprojekt sense:ability – Musikbezogener Wissenstransfer zwischen Materialität und Virtualität des Staatlichen Instituts für Musikforschung nach, das am 18. Mai 2025 im Musikinstrumenten-Museum (MIM) mit einem interaktiven Programm der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Im Rahmen des Internationalen Museumstags konnten rund 200 Besucher*innen selbst aktiv werden, seltene Instrumente wie das Theremin oder die Glasharmonika erleben, mit modularen Synthesizern experimentieren und neue interaktive Stationen entdecken.

Forschung trifft Vermittlung – wie sense:ability neue Wege im Museum eröffnet

Das vielseitige Programm am Internationale Museumstag basiert auf den Erkenntnissen des Forschungsprojekts sense:ability am Staatlichen Institut für Musikforschung, das Ansätze des musikbezogenen Wissenstransfers zwischen Materialität und Virtualität ausarbeitet. Es wird vom Beauftragen der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gefördert.
In Kooperation mit dem Institut für Museumsforschung wurden mithilfe von Fokusgruppen, Tiefeninterviews und weiteren qualitativen Methoden der Besucher*innenforschung die Wünsche, Erwartungen und Bedürfnisse von (potenziellen) Museumsbesucher*innen untersucht.
Ziel war es, ein tiefgehendes Verständnis dafür zu gewinnen, was Menschen sich von einem Museumsbesuch wünschen und wie sie musikbezogenes Wissen am besten aufnehmen.
Auf Basis dieser Erkenntnisse wurde anschließend analysiert, wie sich diese Wünsche aktiv in die musikbezogene Wissensvermittlung einbinden lassen – und welche neuen Formate des musikbezogenen Wissenstransfers entstehen können. Als besonders spannend erwies sich dabei das Zusammenspiel von sinnlicher Erfahrung, emotionaler Beteiligung und sozialer Interaktion, das neue und lebendigere Wege der Musikvermittlung im Museum eröffnet.
Am Internationalen Museumstag waren die ersten Ergebnisse dieser Forschung erlebbar: Ergänzend zu den zwei neuen interaktiven Stationen im Museum war das Programm des Tages so konzipiert, dass musikbezogenes Wissen abwechslungsreich und interaktiv vermittelt wurde.
Erkenntnisse aus sense:ability – Impulse für ein interaktives Programm zum Internationalen Museumstag
Der Internationale Museumstag bot eine gute Gelegenheit, die Ergebnisse aus der Besucher*innenforschung und den Fokusgruppen des Projekts sense:ability direkt in die Planung des Programms einzubringen. Aus den gesammelten Daten kristallisierten sich folgende Punkte bei der Wissensvermittlung über Musik im Museum als besonders wichtig heraus:
- Das Erlebnis: Bei der Wissensvermittlung von Musik steht nicht allein das Lernen im Zentrum. Besucherinnen und Besucher wünschen sich musikalische Erfahrungen und Erlebnisse.
- Die Qualität und Form des Wissens: Die Informationen sollen spannend, leicht verständlich und ansprechend präsentiert werden.
- Die Umgebung: Die Atmosphäre und wie die Ausstellungsstücke gezeigt werden, beeinflussen stark, wie gut das Wissen ankommt.
Darüber hinaus äußerten die Besucher*innen den Wunsch nach mehr Interaktion und besserer Orientierung – etwa durch eine stärkere Kontextualisierung der Inhalte. Wichtig war auch, dass die Themen gesellschaftliche oder individuelle Relevanz besitzen, denn nur so kann Wissen nachhaltig vermittelt werden.
Jedes Programmelement des Museumstags spiegelte mindestens einen dieser Punkte wider. So entstand ein Angebot mit vielfältigen Anknüpfungspunkten und einem besonderen Fokus auf Interaktion.
Programmhöhepunkte am Internationalen Museumstag 2025
Beim Synthesizer-Workshop in Kooperation mit Schneiders Laden tauchten die Besucher*innen in eine moderne Form des Musikmachens ein. Timm Stobbe baute Schritt für Schritt ein eigenes Instrument zusammen – alle Arbeitsschritte waren live über eine große Beamerprojektion zu verfolgen. Fragen waren jederzeit willkommen und zum Abschluss durften jeder selbst am Synthesizer experimentieren.


Bei der anschließenden Führung durch das Museum ließ Guide Jörg Joachim Riehle eine Vielzahl an Instrumenten erklingen – von der Knochenflöte über das Horn bis hin zum Trautonium. Die Besucher*innen konnten einige der Instrumente selbst ausprobieren und sich mit den unterschiedlichen Klangwelten vertraut machen.
Das Konzert zur Projektpräsentation verband Musik und Wissenschaft: Neben der Mighty-Wurlitzer-Orgel, gespielt von Jörg Joachim Riehle, verzauberten die Klänge der Glasharmonika das Publikum. Glasharmonikaspieler Bruno Kliegl stand nach dem Konzert für Fragen zu diesem seltenen Instrument zur Verfügung – zum Beispiel warum es Pedale wie eine Nähmachine besitzt oder ein Wassergefäß an seiner Seite hat.


Zwischen den musikalischen Beiträgen berichteten Rebecca Wolf, Direktorin des Staatlichen Instituts für Musikforschung, Kathrin Grotz, stellvertretende Direktorin des Instituts für Museumsforschung, sowie die stellvertretende Projektleitung Mireya Salinas über das Forschungsprojekt sense:ability.
Im Anschluss hatten die Besucher*innen Gelegenheit, die neuen interaktiven Stationen auszuprobieren, die aus dem Forschungsprojekt hervorgegangen sind.
Zwei neue Interaktionsstationen – Musik vermitteln und Wissen erfahrbar machen
Am XenaX25 bildete sich schnell eine lange Schlange: Denn einmal die Kopfhörer aufgesetzt, tauchten Erwachsene und Kinder in die Klangwelt ein, die sie mit ihren Fingern „malen“ konnten. Der XenaX25 ist eine Weiterentwicklung des XenaX von 2003, das von Marien Hogerheijde, Yvonne Boelens und Edo Paulus entwickelt wurde, um einen spielerischen Zugang zu Musik und Klang zu ermöglichen. Die Verbindung von akustischen und sensorischen Reizen regt die Kreativität an und lädt zum Experimentieren ein.
Grundlage der Klänge bilden die Originalaufnahmen eines Clavichords aus dem Museum. In Zukunft sollen noch mehr Originalklänge in das Instrument integriert werden. Am Internationalen Museumstag konnten Besucher*innen zudem mit Fares Schulz aus dem Entwicklerteam von BEAM berlin acoustics and music consulting ins Gespräch kommen, Fragen stellen und Feedback geben.
Die zweite neue Station ist die Info- und Medienstation zur Mighty-Wurlitzer-Orgel. Während beim XenaX25 das kreative Tun im Mittelpunkt steht, geht es bei dieser Station vor allem um eine umfassende Wissensvermittlung, die möglichst viele Sinne anspricht. Besucher*innen können in mehreren Ebenen in die Geschichte des Instruments eintauchen, das sich über drei Ebenen des Museums erstreckt.


Die Station macht das Wissen inklusiv zugänglich: Texte in fünf Sprachen, Brailleschrift, ein Steckbrief in Einfacher Sprache und ein Video in deutscher Gebärdensprache sorgen dafür, dass möglichst viele Besucher*innen teilhaben können. In Zukunft soll ein Teil der Station in Form eines Spiels oder Rätsels speziell für Kinder aufbereitet werden.
Ausblick zum Forschungsprojekt sense:ability
Was sind die nächsten Schritte bei sense:ability?
In den nächsten Monaten stehen mehrere Arbeitsschritte an, bis das Projekt im März 2026 zu Ende geht:
Zunächst sollen die zwei bestehenden Interaktionsstationen weiterentwickelt werden. Ziel ist es, ihre gestalterischen und inhaltlichen Potenziale noch stärker auszuschöpfen, um die sinnliche und soziale Erfahrung der Besucher*innen weiter zu verbessern.
Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf der detaillierten Auswertung der anonymisierten, tiefensensorischen Trackingdaten, die im Museum erhoben wurden.
Dieses System wurde von Wolfgang Kesselheim von der Universität Greifswald und Sergey Mukhametov von der Technische Universität Kaiserslautern installiert. Die Analyse soll Aufschluss darüber geben, wie sich Besucher*innen im Raum bewegen und an welchen Orten sie zu sozialer Interaktion – etwa Gesprächen – angeregt werden.
Abschließend wird bis zum Projektende ein Ideenbuch entwickelt, das verschiedene Ansätze für den musikbezogenen Wissenstransfer kartiert. Es richtet sich an Museen, Musik- und Forschungseinrichtungen sowie an alle, die sich für die Vermittlung von musikalischem Wissen im Hinblick auf das Zusammenspiel von sinnlicher Wahrnehmung, emotionaler Beteiligung und sozialer Interaktion interessieren. Das Ideenbuch wird als Open-Access-Publikation frei zugänglich sein.
Den Abschluss des Projekts bildet eine öffentliche Veranstaltung am 14. September 2025, bei der die Ergebnisse präsentiert und mit dem Publikum diskutiert werden.
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