Beethoven in historischem Klanggewand

News vom 23.12.2019

Die Konzertreihe „Alte Musik live“ des Musikinstrumenten-Museums präsentiert im Jahr 2020 Musik von Beethoven, unter anderem gespielt auf seinen eigenen Quartett-Instrumenten.

Rotes Lacksiegel mit Beethovens Initialen »LvB«
© Beethoven-Haus Bonn

Am 12. Januar eröffnen die Bläsersolisten des Orchesters Wiener Akademie gemeinsam mit Gottlieb Wallisch, Hammerflügel, die Beethoven-Reihe bei „Alte Musik live“. Das Programm der Matinee stellt die beiden Klavierquintette mit Bläsern von Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven einander gegenüber. Mit seinem Quintett, am 1. April 1784 uraufgeführt, erschuf Mozart gleichsam eine neue Gattung und diente dem jungen Beethoven als Vorbild für sein op. 16, mit dem Beethoven nun das geistige Erbe Mozarts antrat. Bei beiden Kompositionen handelt es sich um ungemein virtuose und farbige Ausnahmestücke, die in unserem Konzert auf Originalinstrumenten erklingen. Die f-Moll-Variationen, ein Spätwerk von „Papa“ Haydn, dem Lehrer Beethovens, komplettiert damit das musikalische Dreigestirn der Wiener Klassik.

Am 16. Februar ist die Hammerklavier-Virtuosin Stefania Neonato mit den Klaviersonaten op. 2/33, op. 27/2 und op. 53 („Waldstein“) zu erleben. Insbesondere das improvisatorische und das virtuose Element kennzeichnen die frühen Klavierkompositionen Ludwig van Beethovens. Deutlich erkennbar ist auch, dass Beethoven mit neuen Strukturen experimentiert und dabei Komposition und Improvisation zu einer kongenialen Einheit verschmilzt.

Im Laufe von kaum zehn Jahren entwickelte Beethoven ein neuartiges Klangbild, das uns heute wie eine Revolution des Klavierklangs erscheint und immer wieder aufs Neue begeistert: Ein neues Klavieridiom war geboren. Und nur ein paar Jahre später experimentiert Beethoven wiederum mit dem Klang seines Instruments (als Konsequenz aus seiner Bestellung eines Hammerflügels bei Érard in Paris) und entdeckt nun das Dämpfungspedal. Das Ergebnis ist ein ständiger Wechsel zwischen verschiedenen Klangebenen und großer Virtuosität. Nur an einem historischen Hammerflügel kann man erleben, wie diese revolutionären Kompositionen damals auf die Zuhörer gewirkt haben müssen.

Beethoven auf seinen eigenen Quartett-Instrumenten erklingt am 10. Mai. Das Schuppanzigh-Quartett spielt auf den Instrumenten, die Beethoven um 1800 von Fürst Karl von Lichnowsky als Geschenk erhielt. Die Instrumente befinden sich als Dauerleihgabe des Staatlichen Instituts für Musikforschung im Beethoven-Haus in Bonn und kehren 2020 für wenige Wochen nach Berlin zurück. Zu hören ist das Quartett in G-Dur, op. 18, des französischen Geigenvirtuosen Pierre Rode. Beide waren sich 1811 Wien begegnet. Beethoven widmete ihm seine zehnte und letzte Violinsonate. Rode schrieb im selben Jahr sein Quartett op. 18 und ließ es in Wien drucken.

Ein Jahr zuvor entstand Beethovens Quartett op. 95. Er gab ihm den Beinamen „Quartetto serioso“. Das Werk glänzt durch eine sehr komprimierte Kompositionsweise und stark verdichtete Harmonik. Die Tonart f-Moll wird in der damaligen Zeit als die „leidenschaftlichste Tonart“ (André-Ernest-Modest Grétry) bezeichnet. Das Programm wird komplettiert von der Pierre Rode gewidmeten Violinsonate Nr. 10 in der Quartett-Bearbeitung von Beethovens Schüler Ferdinand Ries.

1803 erwarb Ludwig van Beethoven beim Pariser Klavier und Harfenbauer Sébastien Érard einen Hammerflügel, der heute Eigentum des Oberösterreichischen Landesmuseums Linz ist. Abgesehen von den nicht ganz geklärten Umständen der Erwerbung durch Beethoven, ist für die Beethoven-Forschung und die Interpretation seiner Klavierwerke vor allem interessant, dass es sich bei dem Flügel um ein Instrument mit Stoßmechanik, also einer sogenannten englischen Mechanik, handelt, die ganz andere Anforderungen an den Klaviervirtuosen Beethoven stellte als die damals in Wien übliche Prellmechanik. Gemeinsam mit Chris Maene hat der belgisch-kanadische Pianist und Musikforscher Tom Beghin, einer der weltweit führenden Spezialisten für das Spiel auf historischen Hammerflügeln, im Rahmen eines Forschungsprojekts am Orpheus Institute in Gent Beethovens Érard-Flügel untersucht, dokumentiert und nachgebaut. Mit Hilfe dieses Nachbaus erschließen sich uns völlig neuartige Aspekte in der Musiksprache Beethovens. Tom Beghin wird bei „Alte Musik live“  im Musikinstrumenten-Museum am 17. Mai zu hören sein. Er spielt Ludwig van Beethovens Sonate für Klavier in C-Dur, op. 53, die Uraufführung der Komposition TBA von Tiziano Manca und Beethovens Sonate für Klavier in f-Moll, op. 57.

Die Konzerte finden statt im Musikinstrumenten-Museum des Staatlichen Instituts für Musikforschung, am Kulturforum, Eingang Ben-Gurion-Straße. Beginn ist jeweils 11 Uhr. Die Karten kosten 14 Euro, ermäßigt 8 Euro und können unter Tel. 030.25481-178 oder kasse@mimpk.de vorbestellt werden.

Termine

12. Januar 2020, 11 Uhr
Pianoforte +4
Der junge Beethoven in Wien
Gottlieb Wallisch, Hammerflügel, und Bläsersolisten des Orchesters Wiener Akademie

16. Februar 2020, 11 Uhr
Beethoven  ̶  Improvisator und Virtuose
Stefania Neonato, Hammerflügel

10. Mai 2020, 11 Uhr
Beethoven auf seinen eigenen Quartett-Instrumenten
Schuppanzigh-Quartett

17. Mai 2020, 11 Uhr
Beethovens Érard-Flügel
Tom Beghin, Hammerflügel

Weiterführende Links

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